An Stelle eines Vorwortes...

Donnerstag, 2. Juni 2011

Wie ich am Hitler-Geburtstag meine Nachbarin erschreckte

Es gibt Dinge im Leben, die möchte man eigentlich nicht wissen, aber irgendwann bekommt man die Information zugeworfen, und wenn man sich nicht schnell genug wegduckt... setzt sie sich im Hirn fest und man bekommt sie nicht mehr heraus! Zum Beispiel ....den Biene-Maja-Song ... oder Wilhelm Buschs "Max und Moritz" ... den "Zauberlehrling" von Karl-Heinz Schiller... oder die Relativitätstheorie... von Eduard Einstein.


Bei mir ist es zum Beispiel das Datum "20. April" - Hitlers Geburtstag!

Komischer Weise haben im April dermaßen viele Leute in meiner Familie und dem Freundeskreis Geburtstag... der Monat kommt gleich nach dem September... also GeburtstagsHäufigkeits-Relevanz... und ich kann mir die Geburtstage beim besten Willen nicht merken!!! Abgesehen von diesem einen Idioten! Wieso das so ist? Der Reihe nach....



Jeder Mensch hat eine Nachbarin. Sollte er zumindestens ... wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist als Robinson auf einer einsamen Insel oder als AlmÖdi auf einem Berg zu hocken.
Ich errinnere mich nicht an viele meiner Nachbarinnen, aber an eine denn doch besonders : Frau Hanke aus dem 17ten Stock!

Frau Hanke war 83 Jahre alt und trug immer diese schicke Küchenschürze. Ich war 21. Ich hatte meine Lehre gerade frisch beendet und war in meine erste eigene Wohnung eingezogen.
Großflächige 30m² im Plattenbau am LENINPLATZ in Berlin (damals hieß der noch so)! Mein Wohnzimmerfenster war auf jeder 20 Pfennig DDR-Briefmarke zu sehen! Wer kann das schon von sich behaupten???

Ich war 21 und gehörte tatsächlich zu den oberen 10.000 von Berlin!... also höhentechnisch betrachtet... 17 Etage! Es gab, soweit ich weis, damals nur wenige Wohngebäude in Berlin die höhere Wohnungen und besseren Weitblick zu bieten hatten.

Allerdings hatte die Wohnung einen Haken. Sie war unrenoviert. DAS war ...." nicht so schlimm!" .... werden einige sagen .... "ohhh Scheisse!"... werden die anderen sagen, die noch wissen, dass damals die Zeit kurz NACH den modernen, schicken Alu-Tapeten war!

Für alle, die nicht wissen was Alu-Tapeten waren: Der Alptraum der Selbstrenovierer!

Das waren Tapeten aus bedruckter ALUFOLIE! Das bedeutet: einmal angeklebt, bekam man die nur unter Einsatz von Spachtel und Drahtbürste, oder gezieltem Einsatz von Sprengstoffen, wieder runter von der Wand! Normalerweise weicht man die Tapete einfach nur mit Wasser ein und der Kleber wird angelöst und die Tapete fällt im günstigen Fall von alleine von der Wand oder kann einfach und leicht abgezogen werden. Nicht aber so bei AluTapete!  Da dringt kein Wasser an den Klebstoff! Also hieß eine solche, mit AluTapeten verseuchte Wohnung, einfach nur: unglaublich viel Fluchen, bei unglaublich viel Arbeit, in unglaublich viel Dreck!

Aber, ich  war damals jung, dumm und leider, dynamisch! Nachdem ich meinen AlpTraum überstanden und den Kampf gegen die Tapeten gewonnen hatte, machte ich mich eifrig und mit viel Elan daran eine weitere Dummheit zu begehen: Ich wollte meine Küche fliesen!!!


Nachdem ich mir alles Mögliche zu diesem Thema erzählen lassen habe, und noch mehr von einem Fachverkäufer im nächsten Baumarkt verkaufen lassen habe, machte ich mich unerschrocken an die
Arbeit...
... an einem Samstag Abend ... 19.April ... gegen 18:00!

5 Stunden später war die erste Reihe Fliesen ... 5 Stück ... erfolgreich an die Wand gepappt und .... es war noch eine Stunde Zeit bis "Terminator"!

*(Anmerkung des Autoren: "Terminator" ist ein historischer "Science" Fiction Film mit Arnold Schwarzenegger (sprich "Swartzen-egger"... nicht "SchwarzeNeger")  auch ein Österreicher, aber ein Mr Universum Gewinner der später Gouverneur des US Bundesstaates Florida wurde... nein das ist keine Verarsche... in den USA kann man als schlechter Schauspieler, wenn man nicht schon trotzdem reich ist, dies als Politiker nachholen - also das reich werden, siehe auch "Ronald Reagan".


Jedenfalls sollte der Film an diesem verhängnisvollen Abend zum ersten Mal im öffentlichen Fernsehen laufen.

Eine Stunde bis Terminator... Das versprach genügend Zeit um die einzige Steckdose in der 2,5m² großen "Küche" mit Fliesenstücken zu umkleiden!

Ein einfacher Plan  -  wenn man denn passende "Fliesenstücken" gehabt hätte!

Diese Steckdose war der einzige Punkt in der Küche, der das Zerschneiden von Fliesen notwendig machte. Das wäre auch nicht weiter problematisch gewesen, wenn man einen Fliesenfachmann, mit einem Fliesenschneider bewaffnet, zur Verfügung gehabt hätte. Der hierbei wirksame gramatikalische KONJUNKTIV sollte mir und Frau Hanke zum Verhängnis werden!

Ich hatte einen Fliesenschneider... jedenfalls behauptete das mein Herr Vater, als er mir seinen alten Glasschneider für diesen Zweck zur Verfügung stellte. Leider hatte er vergessen zu erwähnen, dass besagtes gutes Stück einen gewissen ... ich möche nicht sagen "prä-historischen" Wert .... besaß, und dass Glassschneider (man beachte die 3 S) für diese Arbeiten auch einen gewissen, ansatzweisen Grad von "SCHARF" haben sollten.

Ich legte mir das Korpus Delicti ... die Fliese ... zurecht und ritzte sie mit dem 'Glassschneider' an der vorher ausgemessenen Stelle an, legte einen hölzernen Schaschlykspieß darunter und drückte an den beiden Seiten nach unten... und erwartete das erlösende "KNACK"!

NATÜRLICH... hatte selbiges gerade eine anderweitige Beschäftigung und hatte gar nicht vor, kurz bei mir vorbei zu schauen um mal schnell mitzuteilen "Hey hallo,... alles ok! Gut gemacht!"

Nachdem ich die Prozedur, auf meine mir eigene leicht authistische Weise, noch 5 mal wiederholt habe, meldete sich eine meiner inneren Stimmen mit den Worten:

"VERDAMMTE KACKE! WASISTDENNDASFÜREINESCHEISSEDUVERDAMMTESDRECKSDINGWENNDU
NICHTBRECHENWILLSTDANNHALTMITROHERGEWALT!!!!"

Leider gab ich ihr in diesem Moment recht!

Ich griff, in Ermangelung einer anderen hilfreichen Unterlage, meine kleine hölzerne Wasserwaage, legte diese auf den Boden und darauf die Fliese, stützte mich links und rechts auf die Fliese und drückte unter Einsatz der Schwungmasse meines Oberkörpers auf beiden Seiten nach ....

... ACHTUNG! Wer keine Blut sehen kann, sollte an dieser Stelle bitte nicht weiter lesen!

Knick, Knack, und die kleine innere Stimme schreit hysterisch:"AUAAAAA! WASISTDASDENNFÜREINESCHEISSE??? DIEHATMICHGEBISSEN!!!"


Verwundert hebe ich meine Hand und will auf das Handgelenk schauen. Ich hebe die Hand und drehe das Handgelenk nach oben. Meine Hand klappt in einem ziemlich unnatürlichen Winkel nach hinten einfach nach unten, allerdings kommt mir das nicht sofort komisch vor, denn ich werde von einem nadelfeinen Strahl einer roten Flüssigkeit abgelenkt, welche aus meinem Handgelenk im Rhytmus meines Herzschlages auf die gerade frisch renovierte weisse Wand sprüht. 

"Eigenartig... das sollte eigentlich nicht so sein!?"

Während ich noch verwundert auf das offene Hangelenk starre und versuche auf die Reihe zu bekommen was ich da eigentlich sehe, bewegt sich meine linke Hand und drückt mit dem Daumen auf die Schlagader. Der nadelfeine Strahl der roten Flüssigkeit verschwindet. Der Daumen lässt wieder los und der Strahl erscheint wieder...

"Ach kuck mal an, so wenig muss man da drücken"
*"Bist du bescheuert? Du Depp hast dir gerade das Handgelenkt zerschnitten! Hör auf mit der Ader zu spielen... du musst ins Krankenhaus sonst, wirst du in deiner Unterhose sterben!"*

"Kuck mal ... da sind die Adern ... da die Sehnen ... ist das der Knochen? Der ist ja weiss!?..."

*"Ja, sehr schön! HALLO, hörst du mir zu? Wir müssen ins Krankenhaus!"*

"Aber 'Terminator' geht doch gleich los!"

*"Na und? Den hast du sowieso schon gesehen, und ausserdem ist er nur B-SciFi... Massentauglicher Schund!"*

"... Aber... "

*"Nix, Aber... willst du tot in einer weissen Feinripp-Unterhose gefunden werden?"*

"Gutes Argument... aber um sich anzuziehen braucht man ZWEI Hände... "

*"Mist! Hast Recht! Ok, Frag mal Frau Hanke!?"*



Und so kahm es, dass es gegen 22:00 an der Wohnungstür von Frau Hanke zu folgendem

RUMS.... RUMS RUMS.... RUMS RUMS RUMS RUMS...

"Jaaaaa, Moment.... was ist denn los?.... "
"Frau Hanke? Ick brauch mal ihre Hilfe!"
"Wer sind sie denn?" 
"Ich bin ihr Nachbar, ich habe mir die Pulsader aufgeschnitten und brauche ihre Hilfe"
"Wieso denn?" 
"Ich blute und habe keine Hand frei."
"Nein, wieso haben sie sich die Pulsader aufgeschnitten?"
"Das war ein Unfall!"
"Ein Unfall? Wobei denn?"
"Beim Fliesen legen."
"Beim Fliesen legen??? Können sie denn sowas?"
"Nein  kann ich nicht ... könnten sie bitte die Tür aufmachen und mir kurz helfen?"
"Wo sind sie denn??? Ich kann sie gar nicht sehen!?"

**Da ich den Klinkelknopf nicht drücken konnte, saß ich auf dem Boden und trat gegen die Tür**

.... Frau Hanke versucht von innen durch den Spion zu spähen ...

"Ich sitze hier unten auf dem Fussboden...  mir ist etwas schlecht... "
"Ach so... können sie mal aufstehen, damit ich sie sehen kann?"

Ich rapple mich hoch. Ohne die Hände zur Hilfe nehmen zu können, ist das kein leiches Unterfangen.
Irgendwie schaffe ich das in erstaunlich kurzer Zeit. Ich war damals noch sportlich und gut durchtrainiert.

"Sie haben ja nur eine Unterhose an!?"
"Ja... das ist richtig. Ich konnte mir noch nichts anziehen. Ich habe gerade keine Hand frei."
"Wieso denn nicht?"
"Weil ich mir die Pulsschlagader aufgeschnitten habe"
"Wieso denn?"
"Das war ein Unfall! Können sie mir helfen das Handgelenk zu verbinden?"
"Ja.... moment, ich zieh mir etwas an... ich war schon im Bett..."

Ich höre wie sie davon schlurft, und ich bin mir ganz sicher: ich werde in einer weissen Unterhose vor der Tür meiner 83jährigen Nachbarin sterben....


Eine gefühlte Ewigkeit später höre ich sie wieder kommen.

"Sind sie noch da???"
"Ja, ich geh hier nicht weg..."
"Ich weis gar nicht wo der Schlüssel ist? Ich hatte ihn vorhin doch noch hier... "
"Frau Hanke, der Schlüssel ist in ihrer Küchenschürze!"

*" Woher weist du denn das?"*, fragt die Stimme.
"Weist du noch neulich, als sie unseren Wohnungsschlüssel für den Handwerker verlegt hatte?"
*" Stimmt da hatte sie ihn an ihr Schlüsselbund geklippt..."*
"Und das Schlüsselbund war wo?"
*"Küchenschürze Fronttasche!"*


"Stimmt! Richtig, da ist er ja!" Frau Hanke schlurft freudig auf die Tür zu und schließt nacheinander ihre 3 Türschlösser auf... Als sie die Tür endlich offen hat, macht sie große Augen, klappt die Tür wieder zu und schlurft davon.

"Frau Hanke??? Frau Hanke??? Hallo?"

"Ja?"
"Könnten Sie die Tür bitte wieder aufmachen?"
"Moment, ich muss erst einen Lappen holen, für das viele Blut!"

An dieser Stelle sollte ich vielleicht erwähnen dass Frau Hanke nicht nur 83 Jahre alst sondern auch schon ein bisschen dement ist...  Das hatte ich 2 Tage vorher gelernt, als sie A, vergessen hatt dass ich ihr meinen Schlüssel für den Handwerker gegeben hatte, und B dass ich ihr Nachbar war...

Ich blicke an mir herunter. Meine Beine und meine Unterhose sind mit Blut vollgetropft und ich sehe aus, wie ein irrer Metzger in Feinripunterhose, der gerade eine Leiche zerstückelt hat.

"Frau Hanke, können sie bitte erst mal die Tür wieder auf machen und mir helfen meine Hand zu verbinden? Danach können Sie das Blut gerne wegwischen. Vorher hat das keinen Sinn."

"Ja! Da haben sie wohl recht... " Frau Hanke öffnet die Tür. "Haben sie denn was zum verbinden?" fragt sie erstaunt. "Nein, ich dachte sie hätten vielleicht etwas, aber wir müssen erst einmal die Feuerwehr anrufen!" "Wieso denn die Feuerwehr? Es brennt doch gar nicht!?" "Nein, es brennt nicht, aber die machen jetzt alle Unfälle, egal ob mit oder ohne Feuer!"

Sie holt ihr Telefon, oder besser, sie versucht es. Telefone hatten damals noch eine lange Leitung, aber ihre war nicht lang genug um bis an die Wohnungstür zu reichen. Also gehe ich zu ihr. "Ohhhhh vorsicht, sie kleckern ja alles voll! Ich habe heute frisch gewischt!" "Entschuldigung, ich mache das nachher wieder weg!" sage ich scheinheilig, "wählen sie mal 112 und dann halten sie mir den Höhrer ans Ohr!"

Frau Hanke hält mir den Höhrer ans Ohr: "Notruf der Feuerwehr, was kann ich für sie tun?", "... Hallo, mein Name ist Mic-Re und ich habe mir beim Fliesenlegen die Pulsader aufgeschnitten. Ich brauche einen Krankenwagen!", " Haben sie gerade 'Fliesenlegen' gesagt?" "Ja habe ich! Nein, ich habe nichts getrunken! Ich wollte meine Küche fliesen, und habe mir an der Bruchkante einer Fliese.... die sind sehr scharf... das Handgelnk aufgeschnitten. Ich brauche einen Krankenwagen, Leninplatz 1, 17 Etage, klingeln sie bei Hanke... das ist meine Nachbarin.... ich ahbe gerade keine Hand frei! Und kommen sie schnell, ich weis nicht wie lange ich noch ruhig bleibe und durchhalte!" "Ok ich schicke jemanden los!" "Ach so, und noch etwas, könne sie bitte bei meinen Eltern anrufen und bescheid sagen, dass sie mich aus dem Krankenhaus abholen sollen!? Telefonnummer ist, ... ich diktiere ihm die Nummer... ". "Ok, machen wir!" Es sollte sich noch herausstellen, dass das eine weitere fatala Entscheidung war. Ich hätte sie besser selber anrufen sollen.

Frau Hanke, legt den Höhrer auf.


"So, jetzt hole ich  mal einen Lappen!" "Nein, Frau Hanke, jetzt binden wir erst einmal die Wunde ab. Damit es aufhört zu bluten. Das heisst, Sie binden - und ich versuche nicht zu laut zu schreien!"

"Haben sie denn etwas zum Verbinden?" "Nein, ich hatte gehofft sie haben etwas. Zum Beispiel einen Gürtel, oder so etwas." "Einen Gürtel?" " Ja, zum Beispiel von ihrem Mann?". "Die habe ich alle schon weggeschmissen, der braucht doch keine mehr!". Herr Hanke hatte vor einigen Jahren einen Schlaganfall, war halbseitig gelähmt und bettlägerich. Sehr pragmatisch, die Frau.

"Na dann, ein Kopftuch, von Ihnen!?" "Mein schönes Kopftuch???". die Diskussion nimmt eine Wendung die mir irgendwie nicht gefällt.
"Oder haben sie vielleicht einfach ein Stück Schnur, oder Packetband?" "Oh, ja! Da müsste ich irgendwo etwas haben!". Das Wort 'irgendwo' ausgesprochen von einer leicht dementen Frau um die 83 kann unter gewissen Umständen extreme Angst auslösen. Dies war definitiv ein solcher Moment. Wärend sie davon schlurft um ihre Wohnung nach einem Stück schnur zu durchsuchen, und die Schubladen ihrer Küchenkomode zu durchwühlen, beginne ich zu beten: "Lieber Gott, bitte bitte bitte, lass sie schnell ein Stück Schnur finden! Bitte las mich nicht hier sterben! Und vor allem nicht in dieser Unterhose!"


Ich habe Glück, in der letzten Schublade ganz unten und ganz hinten findet sie nach 10min ein Stück Schnur - Ich habe Pech - es ist ein total verfitztes Knäul!
Sie beginnt das Knäul mit zittrigen Händen zu entwirren. Ich versuche sie zu bruhigen und bete im Hinterkopf weiter!



 

....
..... to be weitergeschrieben, wenn ich Zeit habe ...

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