An Stelle eines Vorwortes...

Samstag, 6. März 2010

U-Bahn-Terroristen



Um mit meinem momentanen Blues klar zu kommen höre ich viel mehr Musik und gebe mit der Gitarre meinen Teil dazu.

Ja... ich KANN Gitarre spielen und singen... es klingt nur nicht schön! Denn im Gegensatz zu einem wirklichen Musiker haben diese etwas was ich nicht habe: TALENT
Sollte wider erwarten, doch noch einmal eine Vergabe von Talent stattfinden, werde ich dieses mal ganz sicher "HIER" schreien! Beim letzten Mal habe ich nicht gepennt.... ich war gar nicht anwesend!

Hatte ich schon erwähnt, dass ich immer noch nicht wieder richtig laufen kann? Das hindert mich gerade mächtig gewaltig daran irgendwo meinen Frust an wildfremden Leuten auszulassen, z.B. als U-Bahn-Musik-Terrorist! Ich kann nämlich nicht schnell genug weglaufen... Sogar diese Karriere bleibt mir versagt!

Sie kennen das? Das sind Leute die ungefragt mit einer, meistens schlecht gestimmten, Gitarre bewaffnet in die U-Bahn eindringen und anfangen, die Fahrgäste mit dissonant gesungenen Songs zu terrorisieren und zu quälen. Eigenartiger Weise schaffen es die meisten dieser Typen EINEN Song auf der Gitarre zu spielen.... und einen völlig anderen Song dabei zu singen!
 



Ich reagiere in solchen Notsituationen ganz verschieden. Das ist immer abhängig von emotionellem Zustand... also Aggressionslevel... Tageszeit... und warscheinlich Mondphasen. 



Mehrtürium ... Märtürium... Märtyrium...
Also ... Weiter still mit den Zähnen knirschen und sich darauf konzentrieren wie sich die eigenen Zehennägel hochrollen, die Augäpfel sich langsam hinter den geschlossenen Lidern immer weiter nach hinten in die Augenhöhle verdrehen, bis sie die Dunkelheit im Hinterkopf betrachten, während die Hände, ein Eigenleben entwickeln und anfangen in den Innentaschen der Jacke nach dem Messer zu suchen...


Begeisterung... 
Wenn es ein besonders schauriger Song ist, kann man seine Mundharmonika aus der Jackentasche ziehen und begeistert mitdudeln. Am besten man spielt einen anderen Song als der Musiker und macht ein paar Moves und Tanzeinlagen, spielt Luftgitarre und singt dann noch möglichst lauter und noch falscher als er/ sie. Zum Beispiel: "Smmmmmooookkkk on seeee Woooootäääääääärrrr..... dam dam dam... dam dam ... damdamdam!!!" 

Heroische Taten...
Also Zivilcourage beweisen und mutig und beherzt hingehen, dem Möchtegern-Musiker das Instrument entreißen und ihm entweder damit den Rücken verbeulen, oder kurz zeigen wie man damit umgeht und selber etwas spielen... und unter dem Jubel und frenetischen Beifall eines gesamten U-Bahn-Zuges... zieht man mit einem romantischen "Smooooo-oo-o-ooog on 'se Wooooootääääärrrrr..." in den Sonnenuntergang...


Aber mir persönlich gefällt es am besten um Gnade zu bitten...
Man sinkt auf die Knie .... faltet vor sich die Hände, erhebt diese leicht wie beim Beten und sagt mit Tränen-erstickter Stimme, und einem leicht wimmernden Tonfall: 


"Bitte, Bitte aufhören... was habe ich ihnen denn getan? ... Haben sie doch bitte Gnade! Gnade!"

Man kann den Musiker(innenin) auch noch, als theatralischen Abschluss des Ganzen, auf Höhe der Knie umarmen, und ihn so darann hindern wegzulaufen, aber das muss nicht unbedingt sein, solange der Zug noch fährt. Das Ganze verfehlt meistens seine Wirkung nicht... zumindestens, wenn ein Wachdienst das Drama per Videokamera verfolgt hat und die Insassen an der nächsten Station von einem Einsatzkommando der GSG 9 aus der Gewalt der Terroristen befreien lässt ...



Viel Spass dabei
Mic




PS: Es gibt allerdings, in Berlin,  auch sehr begabte Musiker, die aus unerfindlichen Gründen ihren Unterhalt mit Strassenmusik verdienen. 

Ich hatte einmal das Glück am Bahnhof Friedrichstraße 2 Akkordeonspieler zu erleben. Sie saßen auf der Zwischenetage der U-bahnstation... wie auf einem erhöhten Podium ... und spielten Vivaldi ... 'Die vier Jahreszeiten - der Sommer'.

Die U-Bahnstation wirkte wie ein gigantischer Klangkörper... es klang wie in einer Kathedrale... und die beiden Akkordeons tönten mit einer Wucht ... es klang fast wie eine Orgel... 
Und auf einmal gab es in dieser Station für einen Moment nichts anderes mehr als diese grandiose Musik und es war als ergriffe sie Besitz von den Menschen. Die Leute hielten, zur Hauptverkehrszeit, inne und lauschten einfach nur der Musik... tausende von Menschen, Minuten lang ... und man konnte diese eigenartige Verbundenheit spüren, die nur bei gemeinsamen Hören guter Musik aufkommt... Dieser Moment war einfach nur magisch!
 

Keine Kommentare: